
Ruhigstellung bei distaler Radiusfraktur – neue Studie sieht Vorteile bei modernen Orthesen
Die Ruhigstellung von isolierten distalen Radiusfrakturen erfolgt heute immer noch in der Regel mit Gipsverband. Die vorliegende Studie hat untersucht, welche Vorteile eine Orthese der neuesten Generation im Vergleich mit dem Standard-Gipsverband hat.
Die distale Radiusfraktur (DRF), ein handgelenksnaher Bruch der Speiche, ist mit 240 pro 100.000 eine der häufigsten Frakturen und daher im klinischen Alltag von grosser Bedeutung.
Obwohl in früheren Studien die Vorteile von Handorthesen bereits nachgewiesen wurden, konnten sie sich in der klinischen Praxis bisher nicht durchsetzen. Mit Fokus auf der Patientenzufriedenheit haben sich Klopfer et al. in der vorliegenden Studie der Frage angenommen, wie die neueste Generation von Handorthesen bei isolierten distalen Radiusfrakturen nach Reposition und nach palmarer Plattenosteosynthese im Vergleich zur Standardversorgung mit Gips abschneidet.
Der Therapie-Standard bei der distalen Radiusfraktur
Die chirurgische Therapie ist bei dislozierten Frakturen die etablierte Behandlung und wird in den letzten Jahren immer häufiger durchgeführt. Sowohl prä- als auch postoperativ wird in der Regel zumindest eine kurzzeitige Ruhigstellung durchgeführt.
Komplikationen bei der Behandlung von DRF sind mit geschätzten Raten von 3-36 % keine Seltenheit, vor allem kann es bei offenen Frakturen häufig (<44%) zu Wundheilungsstörungen und Infektionen kommen. Auch Nervenläsionen treten immer wieder auf (<10%).
Eine standardmässige Ruhigstellung ist sowohl nach geschlossener Reposition als auch nach Operation erforderlich, dabei erfolgt diese heute in der Regel immer noch mit Gips. An dieser Vorgehensweise hat sich seit vielen Jahren wenig geändert. Gelegentliche Versuche, auf moderne Orthesen umzusteigen, waren trotz guter Forschungsergebnisse in der Regel nicht erfolgreich. Als Gründe werden u.a. Kostenunterschiede, aber auch praktische Erwägungen im Klinikalltag genannt. Auch wurde von Einzelfällen sekundärer Luxationen bei der Ruhigstellung mit Orthesen berichtet.
Allerdings haben Orthesen auch einige Vorteile im Vergleich zum klassischen Gips:
Für das medizinische Personal ist das Anlegen eines Gipsverbandes zeitaufwendig, personalintensiv und mitunter herausfordernd. Im Vergleich dazu ist eine moderne Orthese einfach anzulegen, ermöglicht eine unkomplizierte Röntgenkontrolle und ist dennoch in der Qualität der Ruhigstellung mit dem Goldstandard-Gips vergleichbar.
Aus Sicht des Patienten sollte eine moderne Orthese einfach anzuwenden sein, eine Mobilisierung der freien Gelenke ermöglichen und ein besseres Hygienegefühl vermitteln.
Ziel der vorliegenden Studie war es daher, die Behandlungsergebnisse von operierten DRF-Patienten zu vergleichen, deren Frakturen prä- und postoperativ unterschiedlich ruhiggestellt wurden – entweder mit moderner Orthese oder mit klassischem Gipsverband.
Zusammenfassung der Ergebnisse
- Die Orthesen-Gruppe erwies sich im Hinblick auf die Patientenzufriedenheit, die Stabilität der Reposition sowie die klinischen Scores DASH und SF-36 als gleichwertig mit der Gipsbehandlung.
- Die Orthesen-Gruppe war in Bezug auf die persönliche Hygiene (p=0,011), die Handhabung (p=0,008) und die bessere Anpassungsfähigkeit (p=0,013) der Kontrollgruppe überlegen.
- Für das Anlegen der Orthese wurde signifikant weniger Zeit benötigt: Beim Gips waren es 7 min 30 s (SD 2 min 32 s), bei der Orthese 2 min 5 s (SD 1 min 38 s). Beim Gipsverband wurde die für das Aushärten und Spalten des Gipses benötigte Zeit nicht mit einbezogen.
- Auch war in der Orthesen-Gruppe die Detailqualität bei der Röntgenkontrolle in der lateralen Projektion in keiner Weise eingeschränkt, in der posterior-anterioren Ansicht nur sehr gering. Darüber hinaus hatte die Verwendung der Orthese keinen Einfluss auf die CT-Aufnahmen (keine Metallartifakte).
Take-Home Message
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass sowohl die prä- als auch die postoperative Reposition mit Orthese aufrechterhalten werden kann und dass es keine Nachteile gegenüber dem derzeitigen Goldstandard Gipsverband gibt.
Die Orthese ermöglicht ein schnelles und einfaches Anlegen, Anpassungsmöglichkeiten während der Therapie, eine bessere Körperhygiene, und kann die Arbeitsbelastung des Krankenhauspersonals reduzieren.
Die Orthese ermöglicht des Weiteren auch eine umfassende Röntgendiagnostik.
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass eine moderne Orthese mehrere Vorteile gegenüber dem klassischen Gipsverband aufweist und sich daher im klinischen Alltag etablieren könnte.
Quellenangaben sind in der Studie verzeichnet.